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agata schubert

Where is my mind

Die Künstlerin und der Gitarrist nennen ihr Konzept "Visual Noise". VON JÜRGEN KISTERS

Köln – Manch einer schließt die Augen, wenn er Musik hört. Um sich besser einzustimmen und auf die inneren Bilder zu konzentrieren, die von Klängen hervorgelockt werden. Bei einer Aufführung im Atelier von Agata Schubert und Michael Hauck war es allerdings für alle sinnvoller, beim Klang von Haucks E-Gitarrenspiel die Augen weit zu öffnen. 

Denn parallel zu dessen improvisierter Musik zeichnete Schubert mit einem phosphorisierend leuchtenden Zeichenstift auf einer großen Leinwand. Der Raum war abgedunkelt. Aber das Schwarzlicht eines Scheinwerfers sorgte genau für die bezaubernd-unheimliche Helligkeit, die aus dem gewöhnlichen Alltagsleben auf die magische Spur des Lebens führte. In der linken unteren Ecke beginnend entwickelte die Künstlerin, dem Strom der Klänge folgend, ein verschlungenes Liniengeflecht, das sich schließlich über die ganze Fläche erstreckte. Manch einer erkannte Skelette oder Röntgenbilder darin, andere Spinnennetze, Fadenknäuel oder nie zuvor gesehene Urpflanzen. Einige sahen auch all dies nacheinander auftauchen. Je nachdem, ob Haucks Finger die Gitarrensaiten zart oder heftig anschlugen, einzelne Töne oder komplexe Strukturen hörbar werden ließen. Belebt wurde sein Spiel außerdem von Natur- und Stadtgeräuschen, die beständig und fließend wie ein Wasserstrom vom Band erklangen. Ebenso improvisierend wie Hauck reagierte Agata Schubert auf die wechselnden Nuancen der rockig-jazzigen Tonfolgen, die mal wie ein schwebender Hauch, dann wie ein Gewitter an die Ohren drangen.

Texte von Jürgen Kisters

 

"Ich habe vorher nicht gefragt, was er spielen wird. Die Überraschung ist ein wichtiges Element, um den zeichnerischen Prozess in Spannung zu halten", erklärte die Künstlerin später im Gespräch mit dem Publikum.

Gleichermaßen in der figürlichen wie in der abstrakt-expressiven Darstellung eine begnadete Zeichnerin, traf sie genau den Punkt, in dem beides auf unerklärliche Weise ineinander überzugehen scheint.

Gleichermaßen in der figürlichen wie in der abstrakt-expressiven Darstellung eine begnadete Zeichnerin, traf sie genau den Punkt, in dem beides auf unerklärliche Weise ineinander überzugehen scheint. Agata Schubert und Michael Hauck haben eine solche Performance nicht zum ersten Mal aufgeführt. „Visual Noise” nennen sie ihr Konzept. Vom Lärm ist es allerdings weit entfernt. Vielmehr beziehen sie sich auf das große Raunen und Rauschen am Anfang der Welt, als bildnerische und akustische Elemente noch nicht getrennt waren. Damals nahm jene Urgewalt den Anfang, die als namenloses künstlerische Ausdrucksverlangen bis heute in uns drängt. In archaischen Ritualen waren Musik, Bild und Bewegung noch eine selbstverständliche Einheit. Im Laufe der abendländischen Kulturentwicklung wurden die verschiedenen künstlerischen Bereiche extrem spezialisiert und voneinander getrennt. Erst seit dem Beginn des vorherigen Jahrhunderts hat es immer wieder faszinierende Varianten gegeben, den Klang der Bilder und das Bild der Klänge konzeptuell miteinander zu verknüpfen. Etwa durch Wassily Kandinsky und Oskar Schlemmer im legendären künstlerischen Bauhaus in den 1920er-Jahren. Oder Ende der 1960er-Jahre in der psychedelischen Rockmusik und den Lightshows von Bands wie Pink Floyd oder Grateful Dead. In dieser Tradition stehen Agata Schubert und Michael Hauck.

Texte von Jürgen Kisters

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